Entstehung der Schifferkirche

Bis Anfang der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gab es in Ahrenshoop noch keine Kirche. Die Gemeinde feierte ihren Gottesdienst auf der Sommerveranda des Zimmermanns Papenhagen in der Dorfstraße. 

Es waren sehr besondere, schwierige Umstände, unter denen 1950/51 der junge Architekt Hardt-Waltherr Hämer den Entwurf für die Schifferkirche zeichnete und die Realisierung mit entschlossenem Engagement vorantrieb. Es brauchte viel Durchhaltevermögen, um schließlich die Baugenehmigung für das Grundstück am Schifferberg zu erlangen. Auch die Beschaffung der Baumaterialien stellte eine große Herausforderung dar.

Im Dorf fand der Architekt vielfältige Unterstützung für sein spannendes Bauprojekt. Die Gemeinde stellte das Grundstück zur Verfügung. Der Schmied fertige das Giebelkreuz und die Kerzenständer an. Die Bildhauerin Doris Oberländer-Seeberg schuf aus einer Pappel, die für den Bau gefällt werden musste, die Kanzel und den Ständer für die Taufschale.Sie gestaltete auch die hölzerne Altarwand mit einer Inschrift aus dem Johannesevangelium.

Hardt-Waltherr Hämer wählte regionale Baumaterialien, die im Dorfbild dominierten: Holz für die Gesamtkonstruktion, Rohr für das Dach und Ziegelsteine für den Boden. Der Lichteinfall spielte bei seinen Planungen eine wichtige Rolle. So sollte die Eingangsseite der Kirche aus einer großen, durch schmale Holzstreben unterteilten Glasfläche bestehen, um den Innenraum mit Tageslicht zu durchfluten. Dies entsprach seiner Vorstellung einer offenen, einladenden Kirche. Sein Bauvorhaben konnte trotz einiger Hindernisse schließlich erfolgreich durchgeführt werden. Mit dem Spitzbogen der Dachkonstruktion schuf der junge Architekt stilistisch eine Brücke zu anderen bekannten Sakralbauten.

Ein überaus gelungener Bau.

Vor der Einweihung musste der Innenraum noch mit einem Altar und einem Taufbeckenausgestattet werden. Aus Geldmangel verwendete der Architekt die Marmorplatte des Schreibtisches seines Vaters für den Altar. Zur Auflage der Platte dienten Ziegelsteine. Eine große Messingschale aus dem Haushalt wurde zur Taufschale umfunktioniert. Am 14. Oktober 1951 wurde die Schifferkirche Ahrenshoop von Bischof Karl von Scheven aus Greifswald feierlich im Rahmen einer großen Festveranstaltung eingeweiht.

Der Innenraum

Die Gestaltung des Innenraums entspricht im Wesentlichen dem ursprünglichen Zustand.

Das in Spitzbögen zulaufende Deckengewölbe aus Holz sowie der Boden mit seinen roten Ziegelsteinen schaffen eine warme Atmosphäre. Freundlich empfangen fühlt man sich auch durch vier schwebende Modellschiffe des Kapitäns Heinrich Voss mit den Namen „Glaube“, „Liebe“, „Hoffnung“ und „Frieden“. Gegenüber der gläsernen Westempore mit dem Eingangsportal befindet sich der zweifach gestufte Altarraum mit einem Altartisch sowie dem Taufständer und der Kanzel. Die von der Künstlerin Doris Oberländer-Seeberg aus Pappelholz geschnitzte Kanzel zeigt die Symbole der vier Evangelisten: Engel, Löwe, Stier und Adler. Der Spruch auf der Altarwand „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Johannesevangelium, Kap. 14) war von der Künstlerin als Goldinschrift geplant. Da Gold fehlte, verwendete sie Goldbronze, die bald dunkelte. Erst viele Jahre später wurde die Inschrift, so wie ursprünglich vorgesehen, vergoldet und besitzt nun einen leuchtenden Glanz. Der geschnitzte Taufständer stellt drei Kinder dar, die die Taufschale tragen. Dafür standen Kinder aus Ahrenshoop Modell.

Sanierung und neuer Glockenturm

Im Rahmen einer behutsamen, aufwendigen Sanierung – initiiert durch den 2001 gegründeten Förderverein – wurde das Kirchenschiff um ein Joch verlängert und ein Glasband in das Rohrdach eingefügt. Viele Sanierungsmaßnahmen erfolgten in Zusammenarbeit mit dem Architekten Prof. Hämer (1922-2012). So entwarf er auch den Glockenturm aus Stahl mit einem Geläut von drei Glocken, der 2005 neben den Kirchenbau gesetzt wurde und sich als moderne Skulptur harmonisch in das Gesamtbild einfügt.

Bereits 1961 stellte man eine kleine Orgel auf die Empore des Innenraums, die sich aber als klanglich nicht zufriedenstellend erwies. Eine 2013 hinter der Altarwand eingebaute Orgel (von Orgelbauer Kristian Wegscheider aus Ahrenshoop) zeigte sich schließlich als beste Lösung für den Kirchenraum.